Wann ist hermetisch wirklich hermetisch?

Hermetische Versiegelungen und Gehäuse verhindern das Eindringen von Feuchtigkeit und Gas und schützen so die Elektronik vor vorzeitigen Komponenten- oder Systemausfällen. Aber was bedeutet Hermetizität wirklich, wie wird sie definiert und getestet und was ist der Unterschied zwischen hermetischen und quasi-hermetischen Verpackungen?

 

 

„Hermetisch“ ist ein Wort, das häufig falsch verwendet wird." Obwohl es häufig synonym mit Begriffen wie „luftdicht“ verwendet wird, bezieht sich die offizielle Definition auf eine gasdichte Versiegelung, die verhindert, dass Feuchtigkeit und schädliche Gase in ein versiegeltes elektronisches Gehäuse eindringen. Es bedeutet auch, dass das Gehäuse das Entweichen von Gasen, Flüssigkeiten oder anderen Stoffen verhindern kann.

GTMS Glass-to-Metal Sealed Feedthrough Assembly Graphic

Wie wirkt sich Feuchtigkeit auf die Elektronik aus?

Selbst kleinste Mengen Wasserdampf in einem elektrischen Gehäuse oder System können die Leistung und Zuverlässigkeit der eingekapselten elektrischen oder optischen Komponenten, z.B. Halbleiterchips, beeinträchtigen. Aus diesem Grund muss die interne Feuchtigkeit so niedrig gehalten werden, dass sogar Kondensation vermieden wird, da ihre Folgen für empfindliche Elektronik schwerwiegend sein können und zu einem Ausfall von Komponenten oder gar des gesamten Systems führen können. Die Auswirkungen umfassen:

  • Chemische Korrosion, die zu Schäden an den Metallverbindungen führt
  • Elektrische Leckagen an Leitern / Stiften
  • Elektrische Kurzschlüsse aufgrund des dendritischen Wachstums von Silber und Gold
  • Lichtstreuung oder Wellenlängendrift in photonischen Komponenten

 

Adäquate hermetische Packaging- und Versiegelungsmaterialien: Glas, Metall, Keramik

Nur Gehäuse und Versiegelungen aus Glas, Metall und Keramik gelten als hermetisch. Alle diese Materialien sind anorganisch, nahezu alterungsbeständig und weisen von Natur aus eine Durchlässigkeit von nahezu Null auf. Je nach Design und Anwendung kann ein hochwertiges hermetisches Gehäuse, das diese Materialien verwendet, den Feuchtigkeitsgehalt in einem Gehäuse über viele Jahre oder sogar Jahrzehnte unter dem erforderlichen Grenzwert von 5000 PPM (Parts Per Million) halten (siehe Abb. 1).

Hermetische Glas-Metall-Versiegelung

Die hermetische Abdichtung mit Glas bietet eine zuverlässige, undurchlässige Isolierung von Leitern und ermöglicht gleichzeitig die elektrische Strom- oder Signalübertragung.

Definition von „Hermetizität“

Der allgemein anerkannte Test zur Bestimmung der Hermetizität ist „MIL-STD-883 Test Method 1014“. Ursprünglich wurde diese Methode entwickelt, um sicherheitsrelevante mikroelektronische Komponenten im Militär, in der Luft- und Raumfahrt und für medizinische Implantate der Klasse III zu testen. Heute wird sie auch häufig als Zuverlässigkeitsmaß in Anwendungensbereichen eingesetzt, die Kraftfahrzeug-Airbags, Industrie- und Energietechnik und sogar Unterhaltungselektronik umfassen.

Um als hermetisch zu gelten, darf der Feuchtigkeitsgehalt im Innern eines Hohlraum-Gehäuses während der Lebensdauer des Geräts 5000 PPM (parts per million) nicht überschreiten. Bei 5000 PPM liegt der Taupunkt weit unter dem Gefrierpunkt, wodurch die Restfeuchtigkeit in Eiskristalle umgewandelt wird, die keine Korrosion verursachen würden. Zum Vergleich: Selbst bei relativ trockener Feuchtigkeit – zum Beispiel 8000 PPM – bildet sich bei einer Temperatur von etwa 5°C Kondenswasser im Inneren des Gehäuses.

Diagramm, das zeigt, dass hermetische Glas-Metall-Dichtungen den Feuchtigkeitsgehalt unterhalb der kritischen Werte halten

Abb. 1: Hermetische Glas-Metall-Dichtungen sind darauf ausgelegt, dass der Feuchtigkeitsgehalt während der gesamten Lebensdauer eines Geräts unterhalb der kritischen Werte bleibt.

Prüfung der Hermetizität

Die häufigste Methode zur Prüfung eines versiegelten Gehäuses oder Systems auf Hermetizität ist der „Feinleck-Test", bei dem die Geschwindigkeit gemessen wird, mit der das Tracergas Helium aus einem Gehäuse entweicht. Bei diesem Test wird das Gehäuse einem hohen Heliumdruck ausgesetzt, der – im Falle eines Lecks – zum Eindringen von Heliummolekülen in das Gehäuse führen würde. Anschließend wird das Gehäuse in einer Vakuumprüfkammer einem Pumpvorgang unterzogen, bei dem austretendes Helium ermittelt werden kann. Gemäß der gemessenen Helium-Leckrate muss die Standard-Leckrate (die bei „normalen“ Betriebsbedingungen von 25°C und Atmosphärendruck gelten würde) berechnet werden.

Wird das Gehäuse nicht lange genug dem Heliumdruck ausgesetzt oder ist es derart beschädigt, dass das Helium sofort entweicht, könnte der Feinleck-Test zu dem falschen Schluss führen, dass die Komponente gasdicht ist. Deshalb ist zusätzlich ein „Blasen“- oder „Grobleck“-Test erforderlich, der schwerwiegende Lecks erkennt.

Mit der Helium-Prüfmethode können selbst ultrafeine Lecks erkannt werden. Dies ist jedoch nur unter Laborbedingungen möglich und erfordert lange Pump- und Messzyklen. Darüber hinaus erfordern Gehäuse mit kleinen Hohlräumen/Volumina eine höhere spezifizierte Gasdichtigkeit, da sie sonst den Grenzwert von 5000 PPM schneller erreichen würden als solche mit einem größeren Volumen. Deshalb hängt der angegebene Hermetizitätswert sowohl von den Prüfbedingungen als auch vom Design des Gehäuses ab.

 

Nahezu hermetisch, quasi-hermetisch oder nicht-hermetisch

Wenn der Begriff „nahezu hermetisch“, „quasi-hermetisch“, „fast-hermetisch“ oder „nicht-hermetisch“ verwendet wird, bedeutet dies, dass das Gehäuse - im Gegensatz zu Gläsern, Metallen und Keramik - aus polymeren Materialien oder Kunststoffen besteht (z.B. Flüssigkristallpolymer oder LCP). Unabhängig davon, ob ein Gehäuse als nahezu- oder quasi-hermetisch bezeichnet wird, muss es immer als nicht-hermetisch im Sinne der obigen Definition angesehen werden.

Polymere und Epoxide: hohe Permeationsraten und natürliche Alterung

In vielen alltäglichen Bereichen werden Polymere, Epoxide oder PEEK als Dichtungs- oder Gehäusematerialien verwendet, die jedoch nicht wirklich hermetisch sind und immer als nicht-hermetisch angesehen werden müssen.

Der Hauptnachteil dieser Materialien besteht darin, dass sie von Natur aus organisch sind, was bedeutet, dass sie eine hohe Permeationsrate aufweisen. Sie altern mit der Zeit auf natürliche Weise und lassen schließlich Feuchtigkeit in ein versiegeltes System eindringen. Dieser Alterungsprozess schreitet unter Umwelteinflüssen wie hohen Temperaturen, Druck oder Chemikalien noch schneller voran, was zu schwerwiegenden Leckageproblemen bei den Dichtungsmaterialien führen kann.

Darüber hinaus kann die Ausgasung während des Aushärtungsprozesses oder während des Betriebs die Umgebung beeinträchtigen, was zu kritischen Dampfdruck-, Feuchtigkeits- und Kondensationswerten führt.

In der Praxis bedeutet dies, dass nicht-hermetische Gehäuse in der Regel für Anwendungen mit geringeren Zuverlässigkeits- und Betriebsanforderungen verwendet werden. Hermetisch versiegelte Komponenten hingegen können die erhöhten Anforderungen an Langlebigkeit, Zuverlässigkeit in rauen Umgebungen sowie Leistungs- und Effizienzsteigerungen erfüllen.

Alternde Wäscheklammern
Genau wie eine Wäscheklammer, die durch Witterungseinflüsse kaputt geht, werden auch Gehäusematerialien auf Polymerbasis spröde und nutzen sich mit der Zeit ab, insbesondere wenn sie rauen Umweltbedingungen ausgesetzt sind.

Warum Helium-Leck-Tests bei organischen Gehäusen irreführend sind

Die Verwendung des Helium-Feinleck-Testverfahrens für Gehäuse aus Polymeren, PEEK oder Kunststoffen kann aus einem wichtigen Grund keine zuverlässigen Ergebnisse liefern: Es misst Leckagen, aber nicht Permeation und berücksichtigt insbesondere nicht die hohe Permeationsrate organischer Materialien im Laufe der Zeit, die um einige Größenordnungen höher ist als die von Metallen, Gläsern und Keramik. Das bedeutet, dass ein organisches Gehäuse zum Zeitpunkt des Tests ausreichend „heliumdicht“ sein kann, weil es nur einem sehr kurzen Prüfzyklus ausgesetzt ist. Da polymere Werkstoffe eine inhärente diffusive und absorbierende Eigenschaft mit einer hohen Permeationsleitfähigkeit aufweisen, können nicht-hermetische Gehäuse bereits nach wenigen Tagen bis mehreren Wochen kritische Feuchtigkeitswerte erreichen. Dies wird durch die Diffusion von Wasser und anderen Gasen durch die Polymerstruktur verursacht.

 

Fazit: Entscheidung für die Hermetizität

Die Entscheidung für ein wirklich hermetisches oder nicht-hermetisches Gehäuse hängt in der Regel von der Empfindlichkeit der Komponenten gegenüber Feuchtigkeit und schädlichen Gasen, den Leistungsanforderungen, den technischen Designspezifikationen und den Betriebsbedingungen ab. Häufig sind Hermetizität oder eine spezifische Leckagerate keine feste Qualitätsanforderung, aber die hermetische Versiegelung kann die Erfüllung anderer Anforderungen ermöglichen, wie z.B. Beständigkeit gegen extreme Temperaturen und Druck, überragende Langlebigkeit, erhöhte Anforderungen an Leistung und Effizienz oder aber alle gleichzeitig.

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